Schneetüten im Schuh

Die beste Angewohnheit, die wir uns in den letzten Tagen aneigneten, ist wohl das frühere Aufstehen. Haben wir in Australien noch ewig im Bett gelegen und sind meist nicht vor 13 Uhr in der Stadt gewesen, so klingelt der Wecker hier drüben zwischen halb 6 und halb 7 am Morgen. Es ist großartig, was alles so in den Tag an Eindrücken passt, wenn man seinen Schlafrhythmus auf die örtlichen Lichtverhältnisse anpasst. Man kommt viel weiter, heute waren es wieder 320km und erlebt sogar Schnee!

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Heute morgen klingelte der erste Wecker um 5.25 Uhr, unsere Augen schlugen auf, wir waren beide bereit, bereit unseren Tag zu nutzen! Der beste Freund vom fünf-vor-halb-Wecker, Herr vier-Minuten-später-denn-man-kann-ja-nie-wissen, wurde von uns noch begrüßt, dann machten wir uns startklar und rollten wenig später auf dem Asphalt. Der 5.43-Uhr-Onkel wurde ausgeladen und hatte keine Chance Hallo zu sagen, dazu steckte einfach zu viel Vorfreude in uns.
Das erste Ziel war „Mordor“ aus Herr der Ringe, bzw. Mt. Ruphehu. Unterwegs wurde wie immer nach Lust und Laune links rangefahren oder in Nebenstraßen, die zu kleinen Nationalparks führten, abgebogen. Da die Sonne noch nicht ihre Schicht angetreten war, gab es nicht allzuviel zu sehen, jedoch genossen wir die Reflexion des Vollmondes in den Seen, oder die Silhouetten der Bäume und Vulkane. Entspannt folgten wir dem vom Mond beleuchteten Express Way 47 nach Mordor ohne wilde von Suizid getriebene Tiere fürchten zu müssen. Die gibt es hier glücklicher Weise nicht: Keine Kängurus, Rehwild oder Wildschweine. Die Straße gehörte ausschließlich uns allein.
Kurz vorm Fuße des Mt. Ruphehus entschloss sich die Sonne den Mond abzulösen, jedoch, wie alle anderen Male auch, unfassbar unspektakulär. Kurz vorm „Aufstieg“ legten wir uns unsere wärmste Kleidung zurecht, leerten unsere Heiße Schokolade und folgten der Straße zum Gipfel. Recht weit am Anfang der Straße sahen wir ein Schild, das uns mitteilte, ab dem Kilometerpunkt 14 sei die Straße wegen Schnee gesperrt. Sollte uns nichts aus machen, wir sind ja gut zu Fuß, waren da noch unsere Gedanken. Am 14. Kilometerstab angelangt, fing es heftigst an zu Regnen oder zu Schneien und machte unsere Gipfelstürmergedanken zunichte. Wir wussten es würde vor allem nass werden, also reduzierten wir unsere vorausgewählte Kleidung, sodass wir noch warme für spätere Expeditionen hatten. Wie sich später herausstellte, war das gar nicht so verkehrt gewesen. Ein besonders cleverer Gedanke tat sich mir auf, als ich mir Plastiktüten über die Füße stülpte und anschließend meine Schuhe anzog. Jedenfalls dachte ich da noch, es wäre clever gewesen…

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Als sich eine günstige Gelegenheit bot, in der der Matschregen für einen Moment aussetzte, sprangen wir aus unserem Nissan und stiefelten los. Kaum überquerten wir die Schranke, setzte der Regen wieder ein. Er peitschte von der Seite gegen uns, und sorgte für ein unbequemes halb trockenes/halb nasses Outfit. Aber was soll’s, wir sind hart im nehmen! Wir schoben uns immer weiter durch den Schnee, stapften bis zum 16. Kilometer und fanden eine geschlossene Skianlage vor. Es gab sogar noch keine Fußspuren dort oben, lediglich unsere Sohlen drückten sich ins Weiß. Um ehrlich zu sein, war es das dann aber nicht wert gewesen. Meine Tüten füllten sich mit Schnee und/oder Eiswasser und entzogen meinen Füßen das Gefühl vorhanden zu sein. Unsere Reise nach Mordor endete hier, wir kehrten um. Das war gar nicht so leicht, die Straße war glatt, der Weg, war steil. Wenn man nicht auf passte, kam man ungewollt ins Rennen, konnte jedoch nicht bremsen und musste zur nächsten Steinwand rennen, um sich unsanft abzufangen. Dabei sprang man direket in den wässrigen Schneesumpf, fiel jedoch nicht aufs Gesicht oder die Kamera, die man fast ungenutzt mit sich führte. Die Aussicht war, sagen wir bescheiden:

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Während ich Mühe hatte nicht immerzu gegen die Steinwende zu rennen, tänzelte Mara spielend leicht das Stück zum Auto herunter und witzelte immer zu herum. Unten angelangt, wurde sofort der Schlüssel ins Zündschloss gedrückt, der Motor angeschmissen und die Heizung auf Hochtouren laufen gelassen. Alles andere wurde von vor dem Aufstiegt schon vorbereitet, das heißt die Vordersitze waren auf Maximum nach vorne gefahren (hinten war unfassbar viel Platz, wir hätten im Fußraum sitzen können), Handtücher waren bereit gelegt und trockene Klamotten warten darauf gegen die nass feuchte ausgetauscht zu werden. Der beste Moment war das Losfahren nach dem Auftauen, wohlig warme Ströme durchzogen unsere Glieder, dieses Gefühl war dann der Miniaufstieg wiederum wert.

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Seit gestern klebte ein selbstgeschriebener Zettel auf dem Armaturenbrett, der uns dazu aufforderte nach Taupo zurückzukehren, da wir dort den ersten Film zum Entwickeln abgegeben haben. Um 17.00 Uhr macht hier alles zu, so hatten wir ausnahmsweise ein Zeitlimit. Da es aber erst kurz nach Mittag war, war uns nach der Erkundung eines anderen, nicht mit Schnee bedeckten, Vulkans zu mute. Wir fuhren zum Nachbarvulkan Mt. Tongario, um einen kurzen Abstecher zu machen, der sich aber mehr als zwei Stunden lang hinzog. Die Gegend war einfach zu beeindruckend und der kleine Pfad zwischen der Vulkanlandschaft leitete uns immer weiter weg von der Stelle, an der wir eigentlich umkehren wollten.
Wir fanden Löcher, in denen Gollum drinnen gesessen haben könnte und Hügel, die wie aus dem Ringfilm wirkten. Ich selbst kann zu den Filmvergleichen nicht viel sagen, da ich die Filme nicht vollständig sah, allerdings zog Mara den Landschaftsvergleich heran.
Das Aufsparen von Trockener Kleidung war wirklich eine brillante Idee! Wir konnten prima in den starken Windzügen umherspringen. Für uns selbst war neben der Umgebung beeindruckend, dass wir warm gekleidet waren, immerhin hatten wir für ein sommerliches Australien und nicht für den neuseeländischen Winter gepackt.

Kurz vor halb vier mussten wir uns endlich von diesem phantastischen Ort lösen und auf nach Taupo brechen, um noch rechtzeitig den oben erwähnten Film abzuholen. Zehn Minuten vor Ladenschluss erreichten wir das Geschäft und nahmen die entwickelten Bilder entgegen. Ernüchternde Ergebnisse hatten wir da vor uns. Der Typ der für uns die Bilder entwickelte hatte verdammt unsauber gearbeitet. Überall sind Artefakte von dem Entwicklungsprozess zu sehen und die Negative wurden mit zwei linken Händen geschnitten. Aber egal, dass nächste mal wird eben wieder in Deutschland entwickelt, so lange ist es ja nicht mehr hin.

Die weiteren Pläne für heute Abend, quasi gleich sehen wie folgt aus: Etwas zum Abendessen organisieren, heiße Quellen suchen und noch ein Bad nehmen, anschließend wird geschlafen und morgen gehts dann nach Rotorua. Dort warten Geysire, weitere thermale Quellen und hoffentlich mehr dieser neuseeländischen Landschaft auf uns.

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit und Ausdauer den „kurzen“ Tagesbericht zu lesen, ich weiß auch nicht, wie das wieder ausufern konnte.
D zu dem A zum N zu dem i

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